Münster, 28.10.2023
Im Bereich der Überführung der Straße Zum guten Hirten über den Dortmund-Ems-Kanal (DEK) fällte die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung am 09.10.2023 wertvolle, alte Bäume. Aktivisten besetzten das Gelände und verbliebene Bäume, um sich geplanten weiteren Baumfällungen im Zuge des Brückenneubaus und der Kanalverbreiterung entgegen zu stellen.
Der NABU Münster erfuhr davon am selben Tag und erkundete in der Folge den Status der Planung mit den zugehörigen Umweltprüfungen. Seitdem erreichten uns zahlreiche (im Einzelfall unfreundliche) Anfragen zu eventuellen Maßnahmen, mit denen der Kanalausbau möglicherweise aufgehalten werden kann. Lesen Sie dazu unsere nachfolgende Zusammenstellung:
Den Status des Ausbauvorhabens mit rund zwei Jahrzehnten zurück liegenden Planungen zu erkunden, stellt einen ehrenamtlich getragenen und geführten Verein wie den NABU Münster vor besondere Herausforderungen. Unsere Erfahrung zeigt aber, dass allein eine politische Entscheidung auf Bundesebene ein solches Projekt aufhalten kann. Das geltende Planungsrecht liefert keinerlei Handhabe, einen rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss anzufechten. Nach hiesiger Einschätzung hätte auch eine Klage, die allein auf den Erhalt des Baumbestandes abzielt, zu keiner Zeit Aussicht auf Erfolg gehabt. Erfahrungsgemäß überragt da regelmäßig das "überwiegende öffentliche Interesse" die unmittelbaren Belange des Naturschutzes. Das Bundesnaturschutzgesetz verpflichtet Baulastträger allerdings, baubedingte Schäden an der Natur durch entsprechende Maßnahmen (z. B. Neupflanzungen und ihren dauerhaften Erhalt) an anderer Stelle auszugleichen. Unsere weiteren Schritte zielen dementsprechend darauf, unzureichende Erfassungen von Vogel- und Fledermausarten und die Kompensation ihrer durch Baumaßnahmen zerstörten Habitate sicherzustellen.
Die Planfeststellungsunterlagen zum Ausbau des DEK - Stadtstrecke Münster - sind im Internet öffentlich einsehbar:
Unter Planunterlagen Mappe 2 findet sich dort z. B. die Umweltverträglichkeitsuntersuchung.
Dementsprechend gelten u. a. folgende Fakten:
Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Westdeutsche Kanäle sagte auf die Anfrage des NABU Münster vom 16.10.2023 eine ökologische Baubegleitung für noch bevorstehende Fällungen zu. Das bewertet der NABU Münster als unzureichend.
In unserem Schreiben vom 27.10.2023 an die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes fordern wir, die über 20 Jahre alten und gemäß Bundesnaturschutzgesetz vorgeschriebenen Artenschutzgutachten des Ausbauvorhabens Dortmund-Ems-Kanal, Abschnitt Stadtstrecke Münster, vor weiteren Baumfällungen oder Baumaßnahmen zu erneuern. Im Einzelnen forderten wir:
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Ergänzung Stand Ende November 2023
Untere Naturschutzbehörde (UNB, angesiedelt bei der Stadt Münster), Höhere Naturschutzbehörde (HNB, angesiedelt bei der Bezirksregierung Münster) und Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung vereinbarten daraufhin am 15.11.203, für den Bereich des Neubaus der Pfleistermühlenwegbrücke (Straße Zum Guten Hirten), eine ökologische Baubegleitung auf alle Bäume (also auch die Bäume mit BHD < 50 cm) auszuweiten und um eine Kartierung und Dokumentation vorhandener Baum- und Asthöhlen mit Besatzkontrolle zu ergänzen. Weil im März mit den Bauarbeiten begonnen werden soll, soll keine weitere Kartierung im Sommer durchgeführt werden. Nach fachlicher Einschätzung ist es auch möglich, die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG durch eine umfassende ökologische Baubegleitung auszuschließen. Der Gutachter sollte dabei eine fachliche Einschätzung abgeben, ob im Sinne einer Worst-Case-Betrachtung ggf. weitere Artenschutzmaßnahmen wie z.B. das Anbringen geeigneter Ersatzquartiere im Umfeld notwendig sind und diese Maßnahmen dann in einem Plan darstellen. Dazu sind neben nachweislich genutzten Quartieren auch potenziell geeignete Höhlen/Spalten zu berücksichtigen.
Der NABU Münster stellte dazu am 26.11.2023 weitere Detail-Fragen, die bis Mitte Dezember noch nicht beantwortet waren.
Als Erfolg für den Naturschutz ist zu werten, dass auf Basis der o. a. Vereinbarung allen nachfolgenden Baumaßnahmen neue vollständige Artenschutzprüfungen vorangehen sollen.
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Abschließend sei erwähnt, dass der Naturschutzbund (NABU) Deutschland seit langem von der Politik fordert, der Klima- und Biodiversitätskrise Rechnung zu tragen und Jahrzehnte zurückliegende Planungen zur Verkehrsinfrastruktur komplett zu überdenken. Selbstverständlich ist der Gütertransport auf dem Wasser dem Straßenverkehr vorzuziehen. Aber auch hier gilt es, auf Basis aktueller und absehbarer Änderungen bei Transportgütern und -mengen zu entscheiden und Eingriffe in die Natur auf das Nötigste zu reduzieren.
Wir freuen uns über Ihre Unterstützung in der Öffentlichkeit, in den Medien, gegenüber der Politik und durch Ihre Mitgliedschaft beim NABU Münster: https://www.nabu-muenster.de/mitglied-werden/