Die Kleinen nach vorne! Weil einige der angekündigten Teilnehmer des jährlichen Besuches der AG Botanik am Kunstwerk sanctuarium zu klein waren, um in die Fenster zu schauen, hatte AG-Leiter Dr. Thomas Hövelmann vorsorglich einen Schemel mitgebracht.
Und so war niemand der ca. zehn Teilnehmer der kleinen Exkursion am vergangenen Sonntag, den 13. Oktober, bei der Bestandsaufnahme von Wildpflanzen und Gehölzen ausgeschlossen und alle konnten
mithelfen, sämtliche sichtbaren Pflanzenarten zu zählen.
Artenmäßig gab es gegenüber dem Vorjahr nichts Neues: seit einigen Jahren dominieren ein knappes Dutzend Strauch- und Baumarten die kreisrunde, von einer hohen Mauer umschlossenen Fläche und
lassen keinen Raum mehr für Neuankömmlinge. "Es hat sich nun ein stabiler Zustand eingestellt, der voraussichtlich über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte Bestand haben wird," erläuterte Hövelmann
den Besuchern - so lange beispielsweise, bis einer der Bäume umstürzen wird.
Ein sanctuarium, einen Schutzraum, für die Natur vor dem Menschen schuf der niederländische Künster Herman de Vries als Beitrag zur Ausstellung Skulptur.Projekte in Münster 1997. Auf zunächst
nacktem Boden mit einer Wildblumenmischung sollte sich die Vegetation frei entfalten. Die 2,65 m hohe und 14 m im Durchmesser messende Mauer an der Einsteinstraße umschließt ein kleines Stück
Natur, die dort nach dem Konzept des Künstlers – selbst ein studierter Biologe – vom Menschen unbeeinflusst wachsen können soll. Der Künstler will mit seinem Beitrag inmitten einer stark vom
Menschen geprägten Parkanlage darauf aufmerksam machen, wie schutzbedürftig die Natur mittlerweile ist und wie wenig Möglichkeit sie ansonsten zum ungestörten Wachstum hat. Eine
Sanskrit-Inschrift am oberen Rand weist auf die Vollkommenheit der Natur hin. Die mittlerweile wild wuchernden Graffiti an der Außenseite unterstreichen den Kontrast Mensch-Natur noch.
In den zwanzig Jahren, die das Objekt inzwischen steht, sind einige Bäume bereits deutlich über die Mauer hinausgewachsen, und auch Efeu und Brombeere zeigen deutliche Ausbruch-Tendenzen. Seit
dem Bau des Kunstwerks 1997 verfolgt die AG Botanik den Fortschritt der Natur und dokumentiert jeweils Mitte Oktober, welche Pflanzenarten in diesem städtischen Miniatur-Schutzgebiet vorkommen.
Das ermöglichen die ovalen Öffnungen, die an allen vier Himmelsrichtungen in das Bauwerk eingelassen sind - wenn es heißt: Die Kleinen nach vorne!