Ein Bericht von Dr. Frauke Krüger, AG Fledertierschutz des NABU Münster
Fledermäuse gehören nach den Nagetieren zu den artenreichsten Säugetiergruppen und zählen zur Zeit über 1116 Arten. Trotz ihrer globalen Diversität und ihrer besonderen
ökologischen und auch ökonomischen Bedeutung in Ökosystemen werden Fledermäuse häufig weniger stark bei Artenschutzmaßnahmen berücksichtigt als charismatische, große
Säugetiere.
Daher wurde im Simandou- und Nimba-Gebirge im Südosten Guineas, einem Gebiet, das, unter anderem von Rio Tinto, zur Förderung von Eisenerz erschlossen wird, eine Diversitätserhebung der lokalen
Fledermausfauna durchgeführt. Unter der Leitung von Dr. Jan Decher fingen und bestimmten Forscher des Forschungsmuseum Alexander König in Bonn (ZFMK) in Zusammenarbeit mit Forschern aus Berlin,
Côte d’Ivoire, den USA und Swaziland im Forêt Classée du Pic de Fon während der Trockenzeit und der Regenzeit in 2008 in verschiedenen Lebensräumen Fledermäuse. Insgesamt wiesen die Forscher
dabei 26 Fledermausarten nach, darunter eine bisher unbekannte Art.
Neuentdeckungen bei den Säugetieren sind im Vergleich zu Insekten oder Pflanzen eher spärlich gesät. Doch gerade die Tropen halten immer wieder Überraschungen parat, wie Entdeckungen bei
Forschungsreisen, im Labor (http://www.bioone.org/doi/full/10.3161/15081109ACC2015.17.1.001) oder sogar in Museumssammlungen
(http://www.nhm.ac.uk/our-science/science-news/2015/october/new-bat-species-found-in-museum-collection.html, http://www.bbc.com/earth/story/20150713-new-nectar-feeding-bat-described) der letzten
Jahre zeigen.
Die von Dr. Jan Decher und Kollegen neu entdeckte Art gehört zu der Familie der Glattnasen und ist eine entfernte Verwandte der Gattung Pipistrellus, zu der auch unsere heimische Zwergfledermaus
gehört. Ihr wissenschaftlicher Name ist: Neoromicia isabella.
Ihr deutscher Name verrät ihr attraktives Äußeres: Isabellfarbene Weißflügel-Zwergfledermaus.
Die kleine Fledermaus hat eine Körperlänge von 4-5 cm und wiegt rund 5 g. Flughäute, Schwanzflughaut und Bauchfell sind weiß gefärbt, auch die Ohren, Lippen und Füße sind fast weiß. Die Haare auf
dem Rücken sind dagegen isabellfarben, d.h. hell orange-braun. Ihre charakteristische Fell- und Hautfärbung unterscheidet sie damit deutlich von anderen Arten der gleichen Gattung. Die Art nutzt
Waldbäche als Leitlinien, denen sie auf Kronenhöhe folgt, um zwischen Quartieren und Jagdrevieren zu wechseln. Quartiere werden in Baumhöhlen vermutet. Aus Liberia stammt jedoch auch eine
Beobachtung von Gebäudequartieren.
Die biologischen Untersuchungen im Vorfeld sollten dazu beitragen, planungsrelevante Daten über seltene Tiere und Pflanzen im Gebiet zu liefern und Maßnahmen für einen möglichst
umweltverträglichen Erzabbau zu entwickeln. Im gesamten Simandou-Gebirge wurden 35 Fledermausarten gefunden. Berechnungen ergaben, dass dort bis zu 45 Arten vorkommen können. Damit ist das
Simandou-Gebirge eine der Regionen mit der höchsten Diversität an Fledermäusen in Afrika. Die Forscher hoffen nun, dass die Maßnahmen zum Schutz der Fauna und Flora greifen, um auch die
vorgefundenen Fledermausarten vor Beeinträchtigungen durch die Erzgewinnung zu schützen. Andere, betroffene Arten sind unter anderem Schimpansen, Diana-Meerkatzen, Antilopen und Büffel. Ein
weiteres Beispiel dafür bzw. eine Erinnerung daran, dass Artenschutz in der Landschaftsplanung ein globales Problem ist.